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Bei Diabetes zeichnet sich Wandel ab

Schon eine geringe Blutzuckererhöhung begünstigt gefährliche Spätschäden

"Unser heutiges Verständnis des Typ-2-Diabetes und seiner Behandlung ist einem dramatischen Wandel unterworfen", erklärte Dr. Hans-Joachim Lüddeke, vom Diabetes-Zentrum des Klinikums München-Bogenhausen bei einem Grünwalder Gespräch vor Journalisten. Lüddeke stützt sich dabei besonders auf die United Kingdom Prospective Diabetes Study (UKPDS). An der Studie nahmen 5000 Patienten teil. Die bisher wichtigste Auswertung betrifft die Endpunkte nach neun Jahren. Lüddeke: "Hierbei zeigte sich, das Risiko der Altersdiabetiker, die anfangs ohne Zeichen von Sekundärkomplikationen waren, steigt linear an. Nach neun Jahren hatten 20 Prozent der Diabetiker schwere makroangiopathische Komplikationen, vorwiegend Herzinfarkte, und zehn Prozent mikroangiopathische Schäden an Augen und Nieren. Die bisher übliche Behandlungsstrategie könne nicht verhindern, daß ein großer Teil der Betroffenen schwere Komplikationen erleide." Nach einer amerikanischen Untersuchung beginnen die Spätkomplikationen sobald der Blutzucker von 109 mg/dl auf 120 mg/dl ansteigt. Heute wird Diabetes diagnostiziert, wenn dieser Wert 126 mg/dl übersteigt.

Als gefährlichster Risikofaktor beim Typ-2-Diabetes erweist sich der Fettstoffwechsel. Die bisherige Basistherapie hieß Gewichtsreduktion, Diät und Bewegung. Neue Studien, so betonte Lüddeke, werfen erhebliche Zweifel am Wert dieser Maßnahmen auf. Nicht die Ziele seien falsch, sondern viele Betroffene könnten sie einfach nicht erreichen. Ein "Machtwort" des Arztes helfe nur sehr wenig. Lüddeke sieht in einer intensivierten Insulintherapie die Zukunft. Die verschiedenen oralen Antidiabetika beurteilt er - ihrer Nebenwirkungen wegen - skeptisch. Am besten schneidet in seinen Augen Glimepirid, Amaryl ®(Aventis Pharma) ab, ein Sulfonylharnstoff der dritten Generation.

Um den schweren Verlauf zu beeinflussen, sei es entscheidend, Screening-Verfahren zur Frühentdeckung des Diabetes und seiner Folgeerkrankungen durchzuführen, erklärte Dr. Rupert Bauersachs von der Universitätsklinik Frankfurt a. Main. So schwer die Krankheit sei, so leicht sei es, sie im frühen Stadium zu diagnostizieren, um zum Beispiel die durch Neuropathien verursachten Spätschäden am Fuß - 25000 Amputationen im Jahr gehen auf Diabetes zurück - zu erkennen. Ein einziger Blick des Arztes auf die Füße der Kranken bringe hier schon Klarheit. Die Patienten selbst sind oft nicht in der Lage, ein erstes Geschwür am Fuß zu spüren, da ihre Sensitivität, Beweglichkeit und Sehschärfe gestört ist. So sehr sich die Prognose von Patienten mit Herzinfarkten in den letzten zehn Jahren verbessert hat, so wenig gelte das leider für Diabetiker. 75 Prozent der Todesfälle bei Typ-2-Diabetes sind durch die Koronare Herzerkrankungen bedingt. Da die koronare Sterblichkeit eng verbunden ist mit erhöhten Blutzuckerwerten, kommt der Primärprävention durch exakte Einstellung wesentliche Bedeutung zu. Die Gabe von Acetylsalicylsäure hat sich bewährt.

Bei Patienten mit peripherer Arterieller Verschlußkrankheit (pAVK) kann die maximale medikamentöse Therapie von Vorteil sein, primär die Gabe von gefäßaktiven Substanzen, wie Pentoxifyllin, Trental ® (Aventis Pharma).

Wichtig ist bei Diabetikern auch, die Kontrolle des Blutdrucks und der Blutfettwerte. Selbstverständlich sei, so Bauersachs, vermehrte Bewegung und Gewichtsreduktion. Aber auch er hat die Erfahrung gemacht, das trotz intensiver Bemühungen nur ein geringer Prozentsatz der Patienten diese Vorgaben einhalte: "Dies darf nicht zu einem Fatalismus führen, sondern sollte fortgesetzte Anstrengungen zur Änderung des Lebensstils veranlassen. Dennoch darf dabei keine wertvolle Zeit verstreichen, um mit Hilfe konsequenter medikamentöser Maßnahmen eine optimale Blutzuckereinstellung zu erreichen."

Weitere Informationen finden Sie unter: www.hmr.de/medcenter/diabetes

Frühjahr 1999