Tissue Engineering aus der Nabelschnur


Stammzellen gelten in der Medizin als neue Hoffnungsträger. Ihre Fähigkeit, sich fast unbegrenzt zu vermehren und in andere Körperzellen umzuwandeln, machen sie zum begehrten Forschungsobjekt. Nabelschnur-blut hat als Quelle für Stammzellen zunehmend an Bedeutung gewonnen. Bei dem Grünwalder Gespräch im Juli 2004 gaben renommierte Wissenschaftler einen Überblick über ihre Forschungsaktivitäten auf diesem Gebiet.

Dr. Susanne Engel-Hömke, Leiterin Kommunikation, VITA 34 AG, Leipzig, stellte die Entnahme und Einlagerung von allogenem und autologem Nabelschnurblut vor. Die Aufbewahrung körpereigener Stammzellen aus der Nabelschnur zur Eigenvorsorge wird u.a. von VITA 34 angeboten. Engel: "Das Unternehmen organisiert die fachgerechte Entnahme des Nabelschnurbluts nach der Entbindung und bereitet es anschließend in Reinräumen auf. In speziellen Lagertanks wird das Stammzellpräparat dann bei Temperaturen um
-180 Grad Celsius bis zur möglichen Anwendung aufbewahrt."

Eine Aufklärung der werdenden Eltern über die Möglichkeiten der fachgerechten Einlagerung von Nabelschnurblut sollte auch über den Gynäkologen erfolgen.

Professor Dr. Simon P. Hoerstrup, Leiter der Abteilung für Tissue Engineering und Zelltransplantation, Universitäts Hospital, Zürich, stellte seine Fortschritte bei der Entwicklung von Herzklappen-Implantaten aus autologem Zellmaterial vor. Im Großtiermodell konnte erstmalig demonstriert werden, daß es prinzipiell möglich ist, komplett autologe, lebende Herzklappen mit einer guten Funktion im Labor herzustellen. Für diese Studien wurden Zellen verwendet, die aus körpereigenen Blutgefäßen stammten.

Nachteil ist, daß man zur Gewinnung der Zellen einen minimalen chirurgischen Eingriff durchführen muß. Dies ist für eine routinemässige klinische Anwendung nicht optimal. Deshalb haben die Züricher Forscher Zellen aus bei der Geburt anfallendem Nabelschnurblut erfolgreich für die Herstellung von tissue engineerten Blutgefässen und Herzklappen verwendet. Hoerstrup: "Wir konnten nachweisen, daß es möglich ist, aus humanen Nabelschnurzellen, funktionale, körpereigene Herzklappen und Blutgefäße herzustellen. Dies bedeutet, daß nach einigen Wochen im Labor eine neue lebende Herzklappe entstanden ist, die idealerweise als komplett körpereigenes Gewebe in den Patienten implantiert werden kann." Diese lebenden Implantate lösen keine immunologischen Reaktionen aus und sind zu Regeneration und Wachstum fähig. Besonders Kinder profitieren davon, da die heute verwendeten, künstlichen Herzklappen nicht mitwachsen.

Professor Dr. Frank Emmrich, Direktor des Instituts für Klinische Immunologie und Transfusionsmedizin, Universität Leipzig, stellte das an seinem Institut entwickelte, experimentelle Verfahren zur Behandlung von Schlaganfällen mit Nabelschnurblut-Stammzellen vor. Gemeinsam mit VITA 34 wurde ein Verfahren entwickelt, um Behandlungserfolge mit Stammzellen zu messen. In einer Versuchsreihe wurde Ratten ein künstlicher Schlaganfall zugefügt. Acht bis zehn Stunden später bekamen sie Nabelschnurblut-Stammzellen injiziert. Emmrich: "Es konnte nachgewiesen werden, daß die Zelltherapie mit Nabelschnurblut zu einer nahezu vollständigen Remission der neurofunktionalen Behinderungen führte."

Die Entwicklung zellbasierter Therapien ist Ziel weltweiter Forschungskooperationen. Stammzellen aus dem Nabelschnurblut sind hier eine Alternative zu den umstrittenen embryonalen Stammzellen, da sie sich ohne Risiko und ohne chirurgischen Eingriff direkt nach der Geburt gewinnen lassen.

Professor Hoerstrup und Professor Emmrich betonten, daß Nabelschnurblut zukünftig eine gute Basis zur Behandlung von Erkrankungen darstellt, wie an den Beispielen des Schlaganfalls und der künstlichen Herzklappen gezeigt. Beide zeigten sich optimistisch, daß in ca. fünf bis zehn Jahren Patienten von diesen Studienergebnissen profitieren könnten.


Grünwald im Juli 2004

Weitere Auskünfte unter: www.vita34.de
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Dr. Susanne Engel-Hömke, VITA 34 AG
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