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Medikamentöse Behandlung von Struma-Patienten: zu viel oder zu wenig?

 

Grünwald, 15. November 2011 - Die Jodversorgung hat sich in Deutschland zwar deutlich verbessert, es leiden aber immer noch über 20 Millionen Deutsche an einem behandlungsbedürftigen Jodmangelkropf, weltweit sind es rund 200 Millionen Menschen. Aufgrund dieser zu hohen Zahlen hat die optimale Gestaltung von Diagnostik und Therapie der Struma diffusa und Struma nodosa einen besonderen Stellenwert. Eine knotig veränderte Schilddrüse kann die Ursache zahlreicher Befindlichkeitsstörungen sein, wie Herz/Kreislauferkrankungen, Nerven- und Muskulaturstörungen aber auch Luftknappheit und Schluckstörungen. Wie können die Ergebnisse verschiedener Studien, darunter die soeben publizierte LISA-Studie, in die Praxis umgesetzt werden? Werden Strumapatienten richtig behandelt? Das waren die Fragen, für die beim 78. Grünwalder Gespräch eine Antwort gesucht wurde.

Professor Dr. Petra-Maria Schumm-Draeger, Chefärztin, Klinikum Bogenhausen, München, erläuterte: „Eine gesunde Schilddrüse ist lebenswichtig. Sie stellt aus Jod und Eiweißbausteinen Hormone her, die mitverantwortlich für Stoffwechselvorgänge sind und  für eine reibungslose Funktion von Nervensystem, Herz/Kreislauf und Muskulatur sorgen. Eine rechtzeitig diagnostizierte Schilddrüsenerkrankung kann in fast allen Fällen medikamentös, effektiv und kostengünstig therapiert werden und viele Operationen und Radiojodtherapien vermeidbar machen“.

Daten der Schilddrüsen-Initiative PAPILLON 3 geben Aufschluss darüber, welche medikamentösen Therapien zur Behandlung der Jodmangelstruma in deutschen Praxen eingesetzt werden. 3.170 niedergelassene Allgemeinmediziner wurden befragt, die Daten von 31.715 Patienten standen zur Auswertung zur Verfügung. Nur 40 Prozent der mit schilddrüsenhormonhaltigen Präparaten behandelten Patienten erreichten die von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) empfohlene TSH-Einstellung im unteren Normbereich. Bei 20 Prozent lag der TSH-Wert im pathologischen Bereich1.

Professor Dr. Martin Grußendorf, niedergelassener Internist und Endokrinologe, Stuttgart: „LISA2,3 ist die weltweit größte, randomisierte, doppelblinde, multizentrische Studie über die medikamentöse Behandlung der Struma nodosa. 60 Zentren, Universitätskliniken, Regionalkliniken und Praxen aus Deutschland nahmen daran teil. 1.024 Patienten im Alter von 18 – 65 Jahren mit einem oder mehreren Schilddrüsenknoten und einem Minimaldurchmesser von 10 mm waren eingeschlossen. Die Patienten erhielten Levothyroxin oder Jodid alleine und eine Kombination von beidem im Vergleich zu Placebo. Die Thyroxindosen wurden so angepasst, dass der TSH-Wert in einem Zielbereich von 0,2-0,8 mU/l lag“.

Primärer Endpunkt der Studie war die prozentuale Volumenabnahme aller Knoten und sekundärer Endpunkt die Abnahme des Gesamtvolumens der Schilddrüse, jeweils gemessen durch Ultraschall.

Die Abnahme des Knotenvolumens war am Größten in der Behandlungsgruppe mit Levothyroxin und Jodid (-17,3%), gefolgt von der T 4-Gruppe  (-7,3%) und der Jodid-Gruppe (-4,0%). Signifikant im Vergleich zu Placebo war nur die Abnahme des Knotenvolumens unter der Kombinationstherapie. Auch bei der Abnahme des Schilddrüsenvolumens war die Kombination von Levothyroxin und Jodid (-7,9%) gegenüber den anderen Therapien (-5,2%) und (-2,5%) signifikant überlegen.

In der LISA-Studie konnte zum ersten Mal gezeigt werden, dass mit der kombinierten Gabe von niedrig dosiertem Levothyroxin und Jodid eine signifikante Verkleinerung von Schilddrüsenknoten und Schilddrüsenvolumen möglich ist und die Patienten davon am meisten profitieren. Langfristiges Ziel bei der Behandlung von Menschen mit Struma nodosa sollte sein, die meist zu hoch dosierte Monotherapie mit Thyroxin durch eine angepasste Kombinationstherapie zu ersetzen und damit die große Anzahl an Schilddrüsenoperationen zu reduzieren.

Professor Markus Luster, Leitender Oberarzt, Klinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinik Ulm, betonte: „Immer noch werden ca. 100.000 Schilddrüsen-Operationen jährlich durchgeführt, hinzu kommen ca. 45.000 Radiojodtherapien – in dieser Häufigkeit leider ein internationaler Spitzenplatz. Im Anbetracht begrenzter Ressourcen sollte die Schilddrüsendiagnostik stets kosteneffizient und zielgerichtet sein. Die Schilddrüsen-Szintigraphie ist oft in der Lage eine bessere und eindeutigere Therapieindikation zu liefern“.

Zusammenfassung:
Schilddrüsenhormone beeinflussen eine Vielzahl von Organsystemen. Diagnostisch muss bei Verdacht auf eine Schilddrüsenerkrankung mit Hilfe der Kombination von klinischer Untersuchung, Laboranalyse, Ultraschall-Untersuchung und Szintigraphie der Schilddrüse über das beste Behandlungsverfahren entschieden werden. Eine gut kontrollierte zielgerichtete Einstellung der Schilddrüsenfunktion (TSH untere Norm) wird im Hinblick auf die Lebensqualität und die Vermeidung von zusätzlichen kardiovaskulären Risiken angestrebt. Dies ist möglich mit einer Kombination von niedrig dosiertem Levothyroxin und Jodid, wie Thyronajod oder L-Thyroxin Henning® plus.

 

Quellen:

1 Schumm-Draeger et al. : Papillon 3 – unzureichende Umsetzung der Empfehlungen zur medikamentösen Behandlung von Patienten mit Jodmangelstruma. Med Welt 5/57: 224-227, 2006
2 LISA =  Levothyroxin und Iodid in der Strumatherapie  Als Mono- oder Kombinationstherapie
3 Grussendorf M, Reiners C, Paschke R, Wegscheider K; on behalf of the LISA investigators. Reduction of Thyroid Nodule Volume by Levothyroxine and Iodine Alone and in Combination:
A Randomized, Placebo-Controlled Trial. J Clin Endocrinol Metab. 2011 Jun 29.

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Weitere Quellen bei den Referenten

www.schilddruese.de
www.forum-schilddruese.de