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Ein Organ und seine vielfältigen Beziehungen: die Schilddrüse


Die Schilddrüse - das war das Thema bei den Grünwalder Gesprächen im April 2004. Die Schilddrüse - ein kleines, schmetterlingsförmiges Organ - liegt wie ein Schild vor der Luftröhre unterhalb des Kehlkopfes. Ihre Aufgabe ist es, aus Jod und anderen Bausteinen bestimmte Hormone herzustellen, zu speichern und über das Blut an den Körper abzugeben. Diese Schilddrüsenhormone regeln sämtliche Stoffwechselvorgänge und halten sie im Gleichgewicht: Sie steuern das Wachstum und sorgen dafür, daß sich Nervensystem, Kreislauforgane, Drüsen und Muskulatur im Kindesalter normal entwickeln und später reibungslos funktionieren. Schilddrüsenhormone sind also lebenswichtig.

"Ab dem 45. Lebensjahr ist jede zweite Frau in Deutschland von einem pathologischen Schilddrüsenbefund betroffen, jeder Dritte hat einen Kropf und/oder Schilddrüsenknoten", so Professor Dr. Petra-Maria Schumm-Draeger, Chefärztin der 3. Medizinischen Abteilung, Krankenhaus München-Bogenhausen. Dabei spielt die Hyperthyreose, die Schilddrüsenüberfunktion, eine bedeutende Rolle. Häufig entsteht sie aus knotigen Veränderungen der Schildddrüse, den sogenannten "heissen" Knoten, kann aber auch durch Autoimmunprozesse (Morbus Basedow) bedingt sein.

Durch die große Zahl, die leider weiter ansteigt, an Patienten mit Typ-2-Diabetes kann es häufig zu einem gleichzeitigen Auftreten von Diabetes und Schilddrüsenfehlfunktionen kommen. "Die große Problematik der Stoffwechselentgleisung und der oft schwierigen Einstellung des Diabetes bei lange unerkannter Schilddrüsenüberfunktion ist für den einzelnen Patienten sehr wichtig. So kann auch eine latente, oft dann noch unerkannte Hyperthyreose, Störungen der Diabeteseinstellung mit Hyperglykämien verursachen," erklärte Frau Schumm-Draeger. Die Behandlung der latenten Hyperthyreose wird in der Regel mit einem Thyreostatikum (z.B. Thiamazol®, Merck Pharma Deutschland) begonnen.

Die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion, vor allem bei Frauen ab 50 Jahren, ist eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, die Autoimmunthyreoiditis Hashimoto. Haben diese Patienten gleichzeitig einen behandlungsbedürftigen Diabetes kann es häufig zu Hypoglykämien kommen, die Therapie muss entsprechend angepasst werden. Bei bestimmten oralen Antidiabetika und bei Insulintherapie muss die Dosis reduziert werden. Therapeutisch ist die Hashimoto-Thyreoiditis mit dem Schilddrüsenhormon Levothyroxin (Euthyrox ®,Merck Pharma Deutschland) gut zu behandeln.

Frau Schumm-Draeger plädierte dafür, mindestens einmal jährlich und immer bei Veränderungen der Stoffwechselsituation, eine Überprüfung der Schildddrüsenfunktion zu veranlassen und möglichst frühzeitig eine maßgeschneiderte Behandlung zur Stabilisierung der Stoffwechselvorgänge zu beginnen. Schilddrüsenerkrankungen als auch der Diabetes sollten konsequent beobachtet, diagnostiziert und rechtzeitig behandelt werden. Die Therapie des eher übergewichtigen Typ-2-Diabetikers beginnt mit Metformin (GlucophageÒ, Merck Pharma Deutschland) und kann bei ungenügender Einstellung mit einer Kombination aus Metformin und Nateglinide (Starlix ®, Merck Pharma Deutschland) weitergeführt werden. Der Typ-1-Diabetes wird mit Insulin therapiert.

Professor Dr. Klaus Mann, Direktor der Klinik für Endokrinologie, Universitätsklinikum Essen, gab einen Überblick über die Jodversorgung in Deutschland in den letzten Jahren. Sie hat sich entscheidend verbessert. Grund dafür sei die zweite Verordnung zur Verwendung von Jodsalz 1993. "Inzwischen zeigen etwa 70 Prozent der untersuchten Patienten eine normale Jodversorgung und nur noch 30 Prozent einen milden bis moderaten Jodmangel", erklärte Mann bei den Grünwalder Gesprächen. Die verbesserte Jodzufuhr bewirke einen deutlichen Rückgang von vergrößerten Schildddrüsen bei Kindern und Jugendlichen. Trotzdem seien in der Pubertät, Schwangerschaft und Stillperioden auch weiterhin zusätzliche prophylaktische Jodgaben erforderlich.

Bei Erwachsenen, vor allem älteren Menschen, ist jedoch das Kropfleiden noch
sehr häufig. In der SHIP (Study of Health in Pomerania)-Studie fand sich bei Studienteilnehmern im Alter von 45-74 Jahren eine Prävalenz diffuser Strumen von 17 Prozent und von Strumaknoten von 36 Prozent. "In der Recall-Studie (Heinz Nixdorf Risk Factors, Evaluation of Coronary Calcification and Lifestyle) sahen wir Knoten >1cm bei 24,9 Prozent der Teilnehmer. Die Abklärung von Schilddrüsenveränderungen bleibt eine große Aufgabe, die den Spezialisten erfordert", erklärte Mann.

Sein positiver Ausblick: Die derzeit günstige Entwicklung der Jodversorgung in Deutschland lässt hoffen, daß das Ziel der WHO, den Jodmangel bis 2005 zu beseitigen, in Deutschland zumindestens annähernd erreicht werden kann.

Literatur bei den Referenten.
Weitere Informationen: www.schilddruese.net
Grünwald im April 2004